Beifahrerkescher

  

 

Autokescher und Beifahrerkescher

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Bekanntlich zeigt der zusätzliche Einsatz eines Autokeschers bei der Erfassung der Käferfauna eines bestimmten Gebietes viele Vorteile.

Ein solcher Autokescher besteht aus einem Metallbügel, der auf dem Dach des Fahrzeuges befestigt wird und einen Halbkreis von etwa 1,20 m Durchmesser bildet. Der individuellen Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt; Durchmesser und Geometrie können beliebig variieren; so werden z. B. oft auch rechteckige Versionen gebaut.

An diesem Metallbügel wird ein Stoffsack aus einem sehr feinen Gewebe befestigt, dessen vordere Öffnung durch den Metallbügel gebildet wird und der sich nach hinten gleichmäßig in einen kleinen Auffangsack verjüngt. Der Auffangsack ist durch einem Klettverschluß leicht abnehmbar, so daß problemlos und schnell ein Auswechseln gegen einen jeweils leeren Sack möglich ist. Die Wahl der Stoffart ist sehr wichtig, denn einerseits sollte die Maschenweite so fein sein, daß auch noch kleinste Käfer wir Ptiliiden zurückgehalten werden, andererseits aber auch nicht zu fein, um möglichst hohe Winddurchlässigkeit (zur Vermeidung eines Luftstaus vor der Kescheröffung) zu erreichen.

Die Länge des Sackes ist so bemessen, daß bei Stillstand oder Wendemanövern das Ende nicht auf den Boden fällt, sondern über das Heck des Fahrzeuges ausliegt und frei über dem Boden hängt.

Optimale Bedingungen für eine Autokescherfahrt sind folgende: Bedeckter Himmel, Temperatur über 20 °C und Fahrten bei untergehender Sonne bis zum Eintritt der Dunkelheit.

Zum einen kann auf diese Weise in kurzer Zeit sehr viel Material zusammengetragen werden, da bei geeigneten Witterungsbedingungen in nur wenigen Stunden Fahrt eine enorme Menge an Käfern ins Netz gerät, die über hundertausend Exemplare betragen kann. Dabei handelt es sich in erster Linie um Kleinstkäfer, so daß das Volumen des Fanges dabei nur etwa der Größe eines Tennisballes entspricht. Zum anderen lassen sich viele Arten bevorzugt mit dieser Methode nachweisen; es gibt sogar Fälle, in denen alle bisherigen Fänge ausschließlich mit dem Autokescher getätigt wurden.

Nicht zuletzt handelt es sich dabei um eine besonders bequeme Art und Weise, Käfer zu sammeln. Bei laufender Klimaanlage und Radio läßt sich daneben noch prima eine Tüte Kartoffelchips verzehren.

Es drängt sich daher für manchen der Wunsch auf, diese Sammelmethode auch auf Urlaubsreisen zu verwenden, denn auch in Gebieten, deren Käferfauna durch herkömmliche Sammelmethoden bisher als gut untersucht und dokumentiert gilt, ließe sich manch weitere Art durch den Einsatz eines Autokeschers nachweisen.

Nun hat solch ein Autokescher aber einen gravierenden Nachteil: er ist sehr groß, unhandlich und schwer; außerdem ist seine Befestigungsvorrichtung in der Regel ganz speziell für das eigene Fahrzeug konzipiert. Dies stellt sicher kein großes Problem dar, wenn man mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs ist und der Rest der Familie sich platzmäßig entsprechend einschränkt (eine reine Frage des persönlichen Durchsetzungsvermögens), auf Flugreisen jedoch sind hier schnell Grenzen gesetzt. Selbst wenn man den Kescher als separates Gepäck aufgibt und am Urlaubsort einen Leihwagen zur Verfügung hat, wird der Autokescher meist nicht auf das fremde Fahrzeug passen. Da wohl die wenigsten bereit sind, sich nur aus diesem Grund beim Kauf ihres Privatfahrzeuges auf Modelle zu beschränken, die typischerweise in Urlaubsorten als Leihwagen angeboten werden, bleibt die Aufgabe, sich Alternativen zu überlegen.

Schon längerer experimentierte einer meiner Vereinskollegen mit einem "Beifahrerkescher" herum. Sein Gerät hat einen Durchmesser von ca. 1 m und entspricht damit in etwa dem eines üblichen Autokeschers. Dieser Kescher wird vom (kräftigen) Beifahrer während der Fahrt aus dem offenen Seitenfenster gehalten, wobei der Stiel mit beiden Händen gegen die Brust gedrückt wird und die Mitte am Seitenholm der Beifahrertür anliegt. Aufgrund des hohen Widerstandes des Fahrtwindes erlaubt sich dabei mit ca. 30 Km/h je nach körperlicher Konstitution des Beifahrers eine Maximalgeschwindigkeit, die etwas niedriger liegt als bei der Fahrt mit "normalen" Autokescher, der ja mechanisch fest mit dem Autodach verbunden wird. Bei letzterer Art der Befestigung könnte man theoretisch beliebig schnell fahren, wird jedoch über 50 Km/h Beschädigungen der Tiere in Kauf nehmen müssen und außerdem einen Luftstau vor der Kescheröffnung verursachen, so daß keine weiteren Käfer in den Auffangsack gelangen können.

Ein erheblicher Vorteil des Beifahrerkeschers ist jedoch, daß der Fahrer nicht durch ständigen Blick auf den Tachometer auf die Einhaltung des Tempos achten muß, da der Beifahrer höhere Geschwindigkeiten sofort durch lautes Stöhnen anzeigt, weil er den Kescher nicht mehr halten kann.

Problematisch ist durch die tiefe Lage der Bodenkontakt bei Stillstand. Während beim Autokescher der Stoffsack bei Stillstand oder Wendemanövern über das Heck des Fahrzeuges ausliegt und frei über dem Boden hängt, würde ein gleichlanger Beifahrerkescher (der ja seitlich am Fahrzeug vorbei aus dem Fenster gehalten wird), auf den Boden fallen. Das ist besonders problematisch, wenn das sehr feine und empfindliche Gewebe dabei in die Vegetation oder auf spitze Steine gerät, wo es sehr leicht zerreißen kann. Auch würde z. B. das Hineinfallen des Beutels in eine Wasserpfütze die Ausbeute durchnässen und so das spätere Aussuchen der Kleinstkäfer fast unmöglich machen oder zumindest enorm erschweren.

Aus diesem Grunde muß der Keschersack möglichst kurz gehalten sein. Um dennoch ein Entweichen der bereits eingefangenen Käfer zu verhindern, hat Herr Gürlich das Beutelende als Stoffreuse konzipiert und konnte so die Länge seines Beifahrerkeschers im Verhältnis zur Länge eines üblichen Autokeschers erheblich reduzieren.

Allerdings hat auch seine Version immer noch den Nachteil, durch den starren Bügel und Stiel des Keschers relativ unhandlich beim Transport zu sein.

Dies hat nun ein anderer Kollege erfolgreich durch eine Konstruktion behoben, die auf einem Fahrradschlauch basiert. Der Gummischlauch wird durch mehrere Stoffschlaufen an der Öffnung des Keschers geführt und bildet aufgepumpt einen Ring, der dann als Kescherbügel fungiert. Natürlich ist dieser Ring viel zu weich, um ihn wie einen üblichen Kescherbügel aus Metall, Kunststoff oder Holzring fest mit einem Stiel zu verbinden.

Befestigt man jedoch im Abstand von ca. 10 cm dünne Schnüre an den Stoffschlaufen und verbindet diese sternförmig in einem Punkt, kann dieser Knotenpunkt hinter einen festen Knüppel oder Ast gehängt werden, den man einfach der umgebenden Natur entnimmt; man zieht dann also den Kescher mittels des Knüppels an den Schnüren hinter sich her.

Zusammengelegt ergibt die Konstruktion einen leichten kleinen Beutel, der vom Gewicht und Volumen her in etwa einem zusammengelegten Handtuch entspricht. Lediglich eine kleine Fahrradpumpe muß man zusätzlich mit sich führen, um bei Bedarf den Kescher aufzupumpen; den Stiel besorgt man ja wie erwähnt jeweils vor Ort.

Ein weiterer großer Vorteil beim Verwenden eines Fahrradschlauches anstelle eines festen Rahmens ergibt sich, wenn am rechten Wegesrand Hindernisse wie Verkehrsschilder, Fußgänger o. ä. auftauchen, die in die Fahrbahn hineinragen. Insbesondere auf engen Waldwegen kann der Fahrer oftmals nicht weit genug nach links ausweichen (oder er ist mit seinen Gedanken woanders), so daß der Kescher vom Beifahrer schnell ganz eng an die Seite des Autos herangelegt werden muß. Hier schont ein weicher Gummischlauch den Lack erheblich.

Wir haben Beifahrerkescher und Autokescher mehrfach im direkten Vergleich getestet, d. h. es wurde während einer Autokescherfahrt gleichzeitig ein Beifahrerkescher aus dem Fenster gehalten.

Dabei zeigte sich, daß mit dem Beifahrerkescher sowohl qualitativ wie auch quantitativ deutlich mehr Arten bzw. Individuen gefangen wurden als mit dem Autokescher. Das liegt zum einen daran, daß die Käferdichte mit steigender Höhe über dem Boden grundsätzlich abnimmt und zum anderen wohl auch daran, daß viele Käfer die direkte Nähe zur Vegetation suchen und daher dicht über den Pflanzen fliegen, die seitlich der Straße oder des Waldweges wachsen und daher besser mit dem (seitlich vom Fahrzeug geführten) Beifahrerkescher erreicht werden können.

Durch die Beifahrerkescher wurde in unserem Hamburger Verein nun auch ein anderes Problem gelöst: bei Exkursionen mit mehreren Kollegen ins Ausland stellt sich aus Kostengründen immer die Überlegung, möglichst wenig Fahrzeuge einzusetzen. Da aber niemand gern auf eigene Autokescherfahrten verzichten möchte, hatten die Fahrer bzw. Besitzer des gemeinsam benutzten Autos bisher immer einen großen Vorteil.

Auf einer Exkursion nach Slowenien waren jetzt zusätzlich zu den Autokeschern erstmalig drei Beifahrerkescher im Einsatz; weitere sind im Bau. Es wird daher künftig möglich sein, daß drei Kollegen sich ein Auto teilen, ohne auf die abendliche Autokescherei verzichten zu müssen (der Fahrer hat den fest montierten Kescher auf dem Dach, ein Kescher wird aus dem Beifahrerfenster gehalten und ein weiterer aus dem Fenster des linken Rücksitzes). Gewisser Nachteil besteht dann allerdings in einer Fahrzeugbreite von fast 4 Metern, wenn "alle Segel gesetzt" sind.

Abschließend möchte ich noch kurz auf die Begegnung mit Pferden hinweisen. Bei uns im nördlichen Niedersachsen ist Pferdehaltung und Reitsport besonders stark verbreitet, so daß man auf einsamen Waldwegen ständig Reitern und Kuschen begegnet. Pferde sind oftmals sehr scheu gegenüber allem Unbekannten, insbesondere große, flatternde Gegenstände und ungewohnte Dachaufbauten wie ein Autokescher lassen die Tiere manchmal sogar an den Rand der Panik geraten. Am besten hält man daher einfach an, wenn einem ein Pferd entgegenkommt und wartet mit der Weiterfahrt, bis ein gewisser Abstand erreicht ist.

Muß man allerdings ein Pferd überholen, kann man nur die Daumen drücken (oder kräftig hupen, dann ist der Vierbeiner zwar schlagartig verschwunden, aber der abgeworfene Reiter guckt in der Regel meist etwas vergrätzt).

 

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